1.5  Marketing 
1.5.1   Grundlagen Mkt 1513 [4/7]
d) Marketing und Nachfragesituationen
Oft wird Marketing (als Absatzmarketing) so verstanden, dass es vor allem darum geht, die Nachfrage nach Gütern und Leistungen zu steigern, um aus der Nachfragesituation mehr Aufträge für das eigene Unternehmen zu akquirieren.
Dies ist aber eine sehr enge Auffassung zum Marketing.
Es kommt vielmehr darauf an, zu wissen, welche Spezifik einer Nachfragesituation vorliegt, um darauf mit einer spezifischen Marketingkonzeption zu reagieren.
Folgende typische Nachfragesituationen können auftreten:1
Nr. Nachfragesituation Erläuterungen
1 Negative Nachfrage Sachverhalt: Marktteilnehmer wollen ein bestimmtes Produkt nicht nehmen. Sie nehmen es mitunter in Kauf, Geld dafür zu bezahlen, dass sie nicht nachfragen müssen!

Beispiele: Schutzimpfungen; Anlegen von Sicherheitsgurten im Auto; Anbieten von Ausbildungsplätzen und dgl.

Aufgabe: Aufgabe der Verantwortlichen ist es, herauszufinden, warum derartige Produkte nicht angenommen werden, obwohl ihr Konsum wichtig ist, und ferner, welche Marketingmaßnahmen geeignet sind, diese negative Nachfrage zu überwinden.
2 Keine Nachfrage Sachverhalt: Marktteilnehmer nehmen neue Produkte zur Kenntnis, sind aber nicht bereit, aktiv nachzufragen.

Beispiele: Es gab früher dreirädrige Autos, dieser Typ eines Pkw würde aber heute nicht nachgefragt. Es werden Scanner angeboten, die Color-Bilder aber nur "schwarz/weiß" scannen können.

Aufgabe: Hier hat das Marketing die Aufgabe, die Anforderungen des Marktes genauer zu bestimmen und entsprechende Erkenntnisse in die Produktentwicklung einfließen zu lassen.
3 Latente Nachfrage Sachverhalt: Es existieren bestimmte Bedürfnisse, für deren Befriedigung es jedoch noch kein adäquates Produkt gibt. 

Beispiele: Zigaretten, die keine gesundheitsschädigenden Wirkungen haben; Arzneimittel gegen Krebs und dgl.

Aufgabe: Das Marketing kann in diesem Falle mitwirken, auf alternative Lösungen aufmerksam zu machen und den Druck auf entsprechende Produktentwicklungen erhöhen. 
4 Zurückgehende Nachfrage Sachverhalt: Das Zurückgehen der Nachfrage, auch nach "guten" Produkten, ist der "Lauf der Dinge".

Beispiele: Computer, die länger als 1 Jahr am Markt sind; Fachliteratur, die älter als 1 Jahr ist usw.

Aufgabe: Aufgabe des Marketings ist es, durch aktive Werbung, durch die Preisgestaltung und dgl. die Nachfrage zu aktivieren oder es sind Lösungen für die Verwertung möglicher Restbestände zu finden (z. B. Sonderangebote) oder aber es wird eine "Neubelebung" der Nachfrage, ein sog. Relaunch versucht.
5 Volle Nachfrage Sachverhalt: Es tritt genau jene Nachfrage ein, die sich der Anbieter gewünscht hat.

Beispiele:
Nachfrage nach Pkw im "oberen" Marktsegment (Cabriolet und dgl.); Nachfrage nach wirksamen Arzneimitteln und dgl.

Aufgabe: In einer solchen Situation hat das Marketing die Aufgabe, alles zu tun, damit die Nachfrage auf hohem Niveau stabil bleibt. Besonderer Wert ist auf die Sicherung der Kundenzufriedenheit zu legen. Ferner ist zu prüfen, ob Konkurrenzprodukte oder andere Einflussfaktoren die gegebene Nachfrage beeinträchtigen können.
6 Übernachfrage Sachverhalt: In dieser Situation ist die Nachfrage höher als sie von den Anbietern bewältigt werden kann.  

Beispiele: Überlastete Verkehrsverbindungen (Straßen, Autobahnen, Stromnetze u. a.); überlastete Restaurants in Innenstädten zu Spitzenzeiten oder bei Großereignissen u. a.

Aufgabe: Das Marketing hat hier die Aufgabe, die Nachfrage selektiv zu reduzieren und umzulenken. Dies erfordert beispielsweise ein "Stadt-Marketing", das bereits in vielen Städten mit Erfolg umgesetzt wird.

1 Siehe hierzu auch:
KOTLER, Ph. u. a.: Grundlagen des Marketings. Pearson Studium, München/Halbergmoos 2010.