5.4  Absatzlogistik
5.4.4 Eigen- oder Fremdlager Mkt 5441 [2/2]
b) Standortproblem
Die grundlegende Funktion eines Auslieferungslagers ist darin zu sehen, dass relativ große Outputmengen aus der Leistungserstellung (Hersteller) aufzunehmen sind, um - je nach Anforderung - kleinere Mengen an Wiederverkäufer oder Endverbraucher mit möglichst geringem Transportaufwand ausliefern zu können. 

Mit der Wahrnehmung dieser Funktion sind aufwendige Transport-, Umschlags- und Lagerprozesse verbunden, wobei der Aufwand steigt, wenn der Standort des Auslieferungslagers (Zentrallager oder Regionallager) ungünstig gewählt wurde.

Um einen möglichst optimalen Standort zu finden, bietet sich die Anwendung einer Portfolio-Analyse an.1 
In einem solchen Portfolio wird in x-Achsen-Richtung das Kriterium "Kostenniveau" und in y-Achsen-Richtung das Kriterium "Attraktivitätsniveau" eingetragen. Die Skalierung kann in beiden Fällen wieder "unscharf" in den Stufen "niedrig", "mittel", "hoch" erfolgen (siehe Bild 5.19).
Bild 5.19: Standortportfolio (Prinzipschema)
Im betrachteten Fall ist - beispielsweise - zu entscheiden, ob die Attraktivität des Standortes E so wichtig ist, dass das relativ hohe Kostenniveau akzeptiert werden kann oder ob die Entscheidung doch für den Standort A (bei niedrigerem Kostenniveau und ausreichender Attraktivität) fallen sollte,
c) Vor- und Nachteile eines Eigenlagers im Vergleich zu einem Fremdlager
Auch wenn ein Standort für ein Auslieferungslager nach Bewertung der verschiedenen Kriterien als "optimal" erscheint, muss dies noch nicht bedeuten, dass hier ein Eigenlager aufzubauen ist. In der Regel besteht immer die Möglichkeit, an dem in Aussicht genommenen Standort, z. B. einer größeren Stadt, den notwendigen Lagerprozess über einen Dienstleister (= Fremdlager) abwickeln zu lassen.
Bei der Wahl "Eigenlager" oder "Fremdlager" sind zunächst folgende Sachverhalte zu beachten:2

Ein Eigenlager ist günstig, wenn ... Ein Fremdlager ist günstig, wenn ...
... die Nachfrage im Aktionsradius um den Standort des Lagers eine ausreichende Größe hat und relativ stabil ist, ... die Nachfrage im Aktionsradius um den Standort des Lagers für den Aufbau eines Eigenlagers nicht ausreichend ist und wenn sie zudem noch stark schwankt,
... eine direkte Kontrolle der Zu- und Abgänge besonders wertvoller Güter unabdingbar ist, ... die Transportmittel häufig wechseln,
... spezielle Ausrüstungen zur Behandlung des Lagergutes bzw. zu dessen Schutz vor Verderb und dgl. erforderlich sind, ... neue Produkte in den Markt eingeführt werden (Markterprobung, Markteinführung),
... ein hoher Lagerdurchsatz gewährleistet werden kann,
u. a. m.
... ein Lager am betreffenden Standort nur vorübergehend (wenige Monate) benötigt wird,
u. a. m.

Ein besonderes Gewicht bei der Entscheidung "Eigenlager" oder "Fremdlager" haben naturgemäß wieder die auftretenden Kosten:
Bei einem Eigenlager fallen wieder die in der Regel hohen Fixkosten (kalkulatorische Abschreibungen, Zinsen, Energiekosten, Personalkosten u. a.) ins Gewicht, die ja auch dann anfallen, wenn sich kein Produkt im Lager befindet.
Diese Fixkosten können allerdings stark reduziert werden, wenn ein Lager nicht selbst gebaut, sondern befristet gemietet wird (Leasing von Lagerräumen).
Hinzu kommen aber in jedem Falle variable Kosten, die mit den Prozessen des Einlagerns, der internen Lagerorganisation sowie mit dem Auslagern der Produkte verbunden sind und die vom Lagerdurchsatz (Intensität des Stromes ein- bzw. auszulagernder Produkte), von der Behandlungsintensität des Lagergutes und anderen Faktoren abhängen.

Wird demgegenüber ein Fremdlager (über einen Dienstleister) genutzt, ist "lediglich" ein bestimmter Preis für die Inanspruchnahme des Lagers zu entrichten.
Dieser Preis richtet sich einerseits nach der Intensität der Inanspruchnahme von Lagerkapazität (z. B. Abmessung oder Gewicht des Lagergutes) und zum anderen nach der Lagerdauer.
Ein Fremdlager wird sich - aus Kostensicht - immer dann anbieten, wenn die Inanspruchnahme eines Auslieferungslagers unterhalb einer kritischen Lagermenge liegt, während ein Eigenlager dann kostengünstiger ist, wenn die Inanspruchnahme des Lagers oberhalb einer kritischen Lagermenge liegt.

1  Siehe hierzu auch: von KÄNEL, S.: Lernsoftware "Controlling". NWB-Verlag, Herne 2009.
2  Siehe hierzu auch: WEIS, Ch.: Marketing.  Kiehl Verlag, Ludwigshafen 2012..